
Dazu habe ich die offenen Fragen hier zusammengetragen und möchte auf diese auch im Folgenden eingehen. Zudem habe ich mir "Verstärkung" an meine Seite geholt und Nadine Fei eingeladen auch auf die Fragen einzugehen. So bekommt Ihr einen Einblick, wie zwei Crossdresser über bestimmte Dinge denken - los geht´s:
Nina und Kerstin:
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Wie empfindest du das Wohlgefühl in Frauenkleidung? Z.B. in Pumps, High Heels und Strumpfhosen?
Jennifer: Normalität - schlicht und einfach. Gerade wenn man für sich etwas Neues entdeckt und sich an bestimmte Sachen erst gewöhnen muß, kommt einen dies als etwas Besonderes vor. Jedenfalls geht es mir immer so. Inzwischen trage ich ja schon jahrelang Frauenkleidung, worunter auch die von euch genannten Absatzschuhe und Strumpfhosen fallen, und sehe dies als völlig "alltäglich" an. Ich glaube, daß ich mal wieder längere Zeit im "Männermodus" verbringen muss, um daran wieder etwas "außergewöhnliches" zu finden.
Wenn ich jetzt das von euch angesprochene "Wohlgefühl" beschreiben soll, dann würde ich das am ehesten mit Begeisterung gleichsetzen. Wenn man, so wie ich, ein Faible für Damenmode hat, dann gibt es doch nichts schöneres, als diese in all ihren Facetten tragen zu können.
Nadine: Für mich ist es einfach ein wunderbares Wohlgefühl, Pumps, High Heels, Strumpfhosen, Kleider und Röcke zu tragen. Ich fühle mich feminin, fast ein wenig zerbrechlich und zart und liebe es, eine Kleidung zu tragen, die mehr der Schönheit und vielleicht auch zum Zweck des Begehrtwerdens als zur reinen Funktion dient. Ich liebe es, das sanfte Nylon einer hochwertigen Strumpfhose auf der Haut zu spüren, den Rock beim Hinsetzen glatt zu streifen und überhaupt beim Gehen das wippende Kleid zu betrachten … ggg …
Wie ist es, sich zu outen oder wenn man das erste Mal vor Familie und Bekannten in Frauenkleidung auftritt?
Jennifer: Ihr dürft euch das nicht so vorstellen, daß ich die Familie und alle Freunde an einen Abend eingeladen habe, als Frau gestylt das Zimmer betrete und alle vor Verwunderung erstarrt sind. Die meisten wußten ja schon lange, daß ich eine "feminine Ader" in mir trage und mich dabei für viele weibl. Dinge (wie bsw. Make Up, Handtaschen,...) interessierte. Schon da kamen Fragen auf, wie "...warum interessiert dich das als Mann..." und schon da habe ich die "Richtung" Crossdresser verlauten lassen. Trotzdem gebe ich zu, daß ich immer ein bißchen schüchtern war, als ich als Frau gekleidet zum ersten Mal auf Freunde und Verwandten getroffen bin. Und mein Vater ist wirklich sehr, sehr konservativ und kann sich auch heute damit noch nicht anfreunden. Ich kann ihn da nicht böse sein, denn ich kann ich durchaus verstehen, daß er seinen Sohn nicht unbedingt in Frauensachen sehen möchte...
Nadine: Da ich mich noch immer nicht vor Familie und Bekannten geoutet habe, kann ich das leider nicht beantworten. Natürlich fürchte ich mich davor, vor allem, dass ich deren Respekt verliere.
Wann wusstest du, dass du dich in Frauenkleidung wohl fühlst oder dich präsentieren willst?
Jennifer: Also, das mit dem "wohlfühlen" begann eigentlich schon damit, als ich das erste Mal Damenmode trug. Wenn man sich hierbei schon nicht wohlfühlt und denkt "...Moment, das ist falsch...", dann lässt man auch sofort die Finger davon und geht keinen Schritt weiter. Sich "präsentieren" kam natürlich erst Jahre später. Bei mir kam erst ein langer Weg der Selbsfindung und Selbstverwirklichung. Mit jedem Schritt wurde ich selbstbewußter und irgendwann fand ich, daß es Zeit wird, auch als Frau gestylt in die Öffentlichkeit zu gehen. Ich würde das aber nicht "präsentieren" nennen, sondern vielmehr, als die Konsequenz einer neuen Lebenseinstellung.
Nadine: Ich habe das schon mit 7 oder 8 Jahren gemerkt und die Röcke und Kleider meiner Schwestern probiert. Dieses Gefühl ist mir bis heute geblieben und der Wunsch, mich in Frauenkleidung bzw. als Frau auch in der Öffentlichkeit zu präsentieren, ist immer größer geworden.
Wie wirst du in der Öffentlichkeit wahrgenommen? Wie reagieren Menschen auf dich - ändert sich die Reaktion, wenn sie dich näher kennen?
Jennifer: Meist ist es so, daß, wenn ich mit Verkäuferinnen in ein Gespräch komme sie etwas verwundert schauen, der männlichen Stimme wegen - aber nicht jede! Ich empfinde es eher so, als wenn die meisten es als normal ansehen, zumindest lassen sie sich nichts anmerken. Allerdings habe ich auch schon die Erfahrung gemacht, daß gerne getuschelt wird: dabei war ich im Takko (Modegeschäft) und habe mich dort ein wenig umgesehen. In meinem Rücken habe ich dann gehört, wie sich zwei Verkäuferinnen verwundert unterhalten und gesagt haben "...das ist doch eine Transe, oder?..." Auch wenn ich so etwas höre gehe ich gar nicht darauf ein, warum auch? Aber sonst nimmt eigentlich niemand Notiz von mir. Ich finde das gut - besser als wenn sich die Leute immer umdrehen und einen nachschauen, das verunsichert einen ungemein.
Nadine: Ich bin jetzt seit rund 7 Jahren - zwar nicht oft, aber doch immer wieder einmal - in der Öffentlichkeit als Frau unterwegs. Meistens gibt es gar keine Reaktionen. Entweder werde ich als Frau wahrgenommen oder die Menschen sind mittlerweile so vieles gewohnt, dass sie sich nichts anmerken lassen. Ab und zu gibt es ein - bislang immer freundliches - Lächeln. Die Reaktion ändert sich auch nicht besonders, wenn sie mich näher kennenlernen. Ich habe da bisher ausschließlich nette, interessierte und unterstützende Gespräche geführt und einige liebe Freundinnen und Freunde gewonnen.
Gunda:
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Ich habe den Eindruck, dass die meisten Crossdresser sich deutlich mehr zum extrem femininen, "eleganten" weiblichen Typ hingezogen fühlen, sich also lieber als "Lady" kleiden und eher selten "sportlich", "lässig", "casual". Warum? Ist das schon zu "unweiblich"?
Jennifer: Liebe Gunda, ich würde dies, als langjähriger CD, nicht als "unweiblich" bezeichnen. Jede Art von Mode passt zu einer Frau. Viele Frauen tragen verschiedene Styles und sind nicht auf einen bestimmten fixiert. Das ist für mich ja das faszinierende an femininer Kleidung: als Mann (im Bezug auf Männerbekleidung) kennt man die Möglichkeit dieser Vielfalt gar nicht und, wenn ich dies auf mich beziehe, bin ich sehr froh diese Welt der modischen Möglichkeiten als CD kennenlernen zu dürfen. Du musst das auch mit den Augen eines Mannes sehen, der nur das Tragen von Hosen kennt. Von daher ist man als CD froh, auf so viele modische Kleidungsstücke zu greifen zu können. Aus diesem Grund stehen bsw. Röcke und Kleider in meiner Gunst höher als Hosen. Das heißt aber nicht, daß ich gegenüber Casual-Looks oder sportlich-legeren Outfits eine Abneigung habe. Im Gegenteil, auch diese können sehr feminin wirken, allein schon, weil man zu diesem Style heutzutage ganz bequem Leggings kombinieren kann. Des Weiteren bin auch ziemlich sicher, daß jeder für sich den Begriff "elegant" doch ein wenig differenzierter definiert, wobei wir hier wieder zur "möglichen modischen Vielfalt" kommen.
Nadine: Diese Wahrnehmung ist völlig richtig und für mich recht einfach zu erklären. Als Crossdresser sehnt man sich eben besonders nach dem Femininen und Weiblichen. Casual, sportlich und lässig kann man auch als Mann sein und da fehlt eben der besondere Reiz. Ein wenig ist es schon auch eine Entwicklung. Als Kind und Jugendlicher wollte ich wie eine Prinzessin aussehen (wie viele richtige Mädchen auch) und als junger Erwachsener habe ichmich auch noch besonders feminin mit Blümchenmuster, viel Spitze und Rüschen angezogen. Mittlerweile präferiere ich zwar noch immer einen Ladylike-Stil, aber ich versuche, tragbare, meinem Alter und meiner Persönlichkeit entsprechende Mode zu tragen. Ich möchte nicht als Karikatur, sondern als zwar feminine und elegante, aber auch "normale Person" wahrgenommen werden.
Sabine:
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Hast du im Alltag mit Anfeindungen zu kämpfen und wenn ja, wie gehst du damit um?
Jennifer: Diese Frage habe ich eigentlich schon oben bei Nina und Kerstins Fragen "Wie wirst du in der Öffentlichkeit wahrgenommen? Wie reagieren Menschen auf dich - ändert sich die Reaktion, wenn sie dich näher kennen?" beantwortet.
Nadine: Da ich nur "Teilzeit-Frau" bin und eben nicht geoutet bin, habe ich auch mit keinen Anfeindungen zu kämpfen. Bei meinen Ausflügen als Frau habe ich bislang, wie schon geschrieben, noch keine Anfeindungen erlebt.
Außerdem hätte ich gerne mal die Frage Nr. 52 ("Aus Deiner Sicht als Frau gesehen: was glaubst Du, warum Männer sich zu femininen Dingen hingezogen fühlen?") aus Deiner Sicht beantwortet:
Jennifer: In erster Linie kann ich da ja nur für mich selber sprechen. Ich denke einer der wichtigsten Gründe warum ich mich zu femininen Dingen hingezogen fühle ist, daß ich eine deutlich wahrzunehmende feminine Ader in mir habe. Das äußerst sich eben dahingehend, daß ich mich auch optisch feminin ausdrücken möchte. Für mich ist das eben mehr als nur ein bloses "Interesse" an einer Sache, sondern vielmehr möchte ich, bzw. habe ich ja inzwischen..., eine andere "Welt" kennengelernt die mir das ermöglicht, wonach mein inneres Ich in gewisser Weise gesucht hat.
Nadine: Schwierige Frage. Ich glaube, dass wir alle sowohl männliche als auch weibliche Eigenschaften in uns tragen und der weibliche Anteil bei manchen Männern einfach stärker ausgeprägt ist. Bei manchen Männern kann auch eine devote Ader eine Rolle spielen. Die „Demütigung“, Frauenkleidung zu tragen und sich mit dem vermeintlich schwächeren Geschlecht zu identifizieren, kann dabei zu einem Lustgewinn führen..
Und bitte beantworte mir auch noch die Frage Nr. 54 ("Kannst Du Dir vorstellen, daß man sich als Crossdresser jemals in eine Frau hineinversetzen könnte?") aus deiner Sicht:
Jennifer: Jein. Aus meiner Sicht gesehen, möchte ich dieses "hineinversetzen" gern zweiteilen. Wenn es darum geht sich optisch feminin auszudrücken, dann würde ich dir diese Frage mit einem Ja beantworten. Ein weibliches Erscheinungsbild, ein femininer Ausruck, eine passende Ausstrahlung, sowie in Mimik und Gestik kann man sich als CD ohne Probleme auf eine weibliche Art offen ausdrücken. Natürlich geht dies nicht über Nacht, aber mit zunehmender Erfahrung und Erlernen dieser Dinge, kann jeder CD sich diese Eigenschaften aneigenen. Mit einem Nein würde ich die Inneren Werte betiteln. Wenn ich auch hier von mir spreche, dann ist es mir bisher nicht gelungen auch gefühls- oder gedankenmäßig zu denken wie eine Bio-Frau. Frauen haben auf Gefühlsebene ganz andere Eigenschaften als Männer, reagieren bsw. viel sensibler, weinen schneller/leichter, haben mit Gefühlsschwankungen zu kämpfen, ihr emotionales Denken ist ein ganz anderes, Frauen können ein sehr starkes Selbstbewußtsein haben, aber auf der anderen Seite auch mit Selbstzweifeln behaftet sein. Diese Gefühle kann man als CD nicht antrainieren oder erlernen - ich denke, daß Eigenschaften wie diese angeboren sind.
Nadine: Ja, ich denke schon, dass ich mich ein wenig in eine Frau hineinversetzen kann, da ich ja auch die Welt mit den Augen einer Frau zu betrachten versuche. Natürlich weiß ich nicht, was es wirklich bedeutet, eine Frau zu sein und es wäre auch anmaßend, das zu behaupten. Aber je mehr man die weibliche Seite auslebt, werden einem ja nicht nur die angenehmen Seiten bewusst, wie ein besonderes Interesse zu schönen Dingen wie Mode, Beauty, Schmuck, Blumen etc., oder die Aufmerksamkeit, die einem als Frau gegeben wird, wie
beispielsweise beim Öffnen einer Türe oder bei einem charmanten Gespräch. Man wird aber auch mit anderen, nicht so tollen Dingen konfrontiert. Wenn ich als Frau unterwegs bin, würde ich beispielsweise vor allem in der Nacht einsame Bahnunterführungen meiden, worüber ich als Mann keinen Gedanken verliere. Ich bin viel
sensibler als viele meiner Geschlechtsgenossen, wenn es darum geht, dass Frauen im Berufsleben benachteiligt werden, und finde manche Männergespräche, in denen es um Frauen geht, einfach widerlich. Und es ist mir auch bewusst, dass ein Leben als Frau auch aufwendiger ist als das eines Mannes. Es kostet Zeit, sich um den eigenen Körper zu kümmern (was Frauen viel bewusster machen als Männer), sich schön zu machen, sich zu schminken, Nägel zu lackieren, die richtige Kleidung und den passen Schmuck zu wählen, etc. – von der Doppelbelastung, unter der viele Frauen leiden, ganz zu schweigen.
Abschließend möchte ich mich noch bei euch für euer Interesse und tollen Fragen bedanken! Es hat mir sehr viel Spaß gemacht euch auf diesem Wege etwas mehr berichten zu können. Ich hoffe, daß Ihr durch die Antworten nun einen weiteren Einblick in die Welt des Cross-Dressings erhalten habt.
Natürlich möchte ich mich an dieser Stelle auch noch einmal bei Nadine bedanken, daß Sie meiner Einladung gefolgt ist und sich an dieser interessanten Fragerunde beteiligt hat.